Von einem Tag auf den anderen steht plötzlich die Existenz des Igeldorfes auf dem Spiel; und auch wenn ich den Ärger zunächst erfolgreich abwenden kann, bleibt doch die Ungewissheit, ob die Zukunft dem Dorf erneut Ungutes bringen wird. Tierschutz und die damit verbundenen Mühen sind längst nicht überall willkommen.
Zudem haben sich meine Möglichkeiten, den Igeln aktiv helfen zu können, deutlich verschlechtert.
Daher musste ich mich schweren Herzens entschließen, die praktische Tierschutzarbeit aufzugeben.
Just in diesem Moment vertraut mir das Schicksal ein verletztes Igelmädchen an, das dem Tod näher ist als dem Leben.
Extrem abgemagert ist die Kleine, voller Außenparasiten; stachelnd, aber trotzdem recht apathisch.
Am Mäulchen entdecke ich eine eiternde Wunde; die Augen sind nicht mehr erkennbar - Indiz für schwere Entzündungen im Kopfbereich. In beiden Ohren findet sich Eiter.
Auch eine geschwollene Zehe an der linken Hinterhand stelle ich fest.
Wie könnte ich diesem armen Wesen Hilfe verweigern?!
Vermutlich zwei Jahre jung ist die Igelin; ohne jede Markierung. Wir nennen sie Doro.
Sie muss einst eine sehr stattliche Igelin gewesen sein; hat auffallend große Hände und Füße.
Ich finde sie mit 710 Gramm, nur Stunden später wiegt sie noch 676 Gramm.
Ich habe starke Zweifel, dass die Kleine den Sprung von der Schippe schaffen wird, zumal sie die erste Nacht nichts frisst. Aber wir wollen ihr eine Chance geben.
Doro bekommt eine Infusion und Antibiotikum gespritzt.
Die Zehe ist leider gebrochen. :-(
Zunächst schlägt das Antibiotikum gut an; Doro frisst die zweite Nacht richtig gut.
Liegt wohl über Stunden apathisch auf der Seite (- ganz schlechtes Zeichen! ); aber ich sehe sie auch entspannt vor ihrem Schlafhäuschen liegen.
Dann schwellen Fuß und Hinterhand stark an; Doro weint vor Schmerzen.
Mir bricht es das Herz und ich versuche, ihr Schmerzmittel einzuflößen. Einmal wenigstens klappt es.
Nach kurzer Zeit schon begreift Doro, dass wir ihr helfen; gibt ihre spitze Abwehrhaltung auf; lässt sich hochnehmen und untersuchen. Doch es bleibt schwierig, an ihren Kopfbereich heranzukommen.
Die Ursache ist gruselig: Sowohl hinter beiden Ohren als auch aus den Ohren tritt Eiter aus.
In der dritten Nacht frisst sie nur noch wenig; rührt sich fast nicht mehr. Nimmt 30 Gramm ab.
Ihre vielen Pfützen haben einen starken urämischen Geruch....
Trotz Antibiotikum ist nach zwei Tagen das Bein offen; die gebrochene Zehe wird mit viel Eiter vom Körper abgestoßen; lößt sich einfach ab.
Natürlich bin ich täglich beim Tierarzt.
Wir versuchen es nun mit Doppelantibiose. Plus Schmerzmittel.
Bis Montag sollte sich eine deutliche Besserung ergeben, sonst muss die Kleine erlöst werden....