Sonntag, 21. Oktober 2018

Abschied

Der letzte warme und goldene Oktobertag steht an, bevor das Wetter endgültig umschlägt und es arg herbstlich wird - tatsächlich sind Sturm und Regen vorhergesagt.
4 Uhr nachts schrecke ich aus dem Schlaf - seltsame Laute höre ich von draußen, scheinbar direkt unter dem Fenster.
Ich kann es nicht sofort zuordnen.
 Es grummelt, es röchelt. Was geht da vor sich?
Ich meine, den belegten Atem des hustenden Igelkindes zu vernehmen.
Dann dringen zwei gellende Schreie durch die Dunkelheit, fast menschlich klingend.
Diese Schreie kenne ich - es sind die Todesschreie eines Igels.
Sofort stürme ich zum Fenster und leuchte mit der Taschenlampe hinaus.
Direkt am Zaun vor dem Eingang zu Igelanien sitzt ein Dachs und frisst eines der Igelkinder!
Er kennt keine Taschenlampe, lässt sich deswegen auch nicht davon stören.
Das Geräusch der knackenden Knochen im Maul des Dachses ist über alle Maßen schrecklich.
Seit fünfzehn Jahren bin ich aktiv im Igelschutz tätig - einen Dachs habe ich hier noch nie gesehen.
Aber es ist ein Extrem-Jahr, und auch der Dachs hat Hunger.
Mich gruselt's. So sehr, dass ich lange nicht wieder einschlafen kann.

Am Morgen strahlt die schönste Sonne über Igelanien.
Lässt die Ahornbäume leuchten und verzaubert mit goldenem Licht.
Die Spatzen lärmen wie immer streitend in den Sträuchern.


Die Stare zwitschern ihr herrlichstes Herbstlied und die ersten Kraniche fliegen rufend hoch oben durch den blauen Himmel.


Es ist so friedlich, dass die Schrecken der Nacht irreal scheinen. 
Werde ich Spuren finden?
Mit bangem Herzen schaue ich über den Zaun.
Der Dachs hat das Igelkind tatsächlich komplett aufgefressen - inklusive der Stacheln.
Nur ein kleiner kreisrunder Abdruck findet sich auf der Erde - und mittendrin ... ein Stück Darm.









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